„Das schwierige Leben der Schriftstellerin Marceline Desbordes-Valmore ist herzzerreißend.“

„Heute Morgen wollte ich dir ein paar Rosen bringen;/Aber ich hatte so viele in meinen geschlossenen Gürteln mitgenommen,/Dass die Knoten, zu eng, sie nicht halten konnten.“
Werde ich diese wenigen Verse von Marceline Desbordes-Valmore (1786-1859) jemals lesen können, ohne zu lachen? Ohne mir vorzustellen, wie man Rosen in seinen Gürtel stecken kann? Muss ich endgültig aufhören, Les Roses de Saâdi , zweifellos sein berühmtestes Gedicht, wortwörtlich zu lesen? Nichts ist unwahrscheinlicher, und ich fange an, den Mut zu verlieren.
Der Ursprung des Bösen, die Quelle des Problems: der großartige Karikaturist Marcel Gotlib. In seinen Werken entdeckte ich den Dichter vor langer, langer Zeit. Ich hatte noch nie zuvor von ihm gehört. Mit der Kraft seiner Linien, der Stärke seines Humors prägte der Künstler meine Lektüre des Schriftstellers für immer. Unvermeidlich. Endgültig. Tragisch.
In seiner Rubrique-à-brac schildert Gotlib auf brillante Weise einen besonders widerwärtigen, frauenfeindlichen Erzähler, der aus Saâdis „Rosen“ vorliest und es mit üblen Kommentaren (sexistisch, rassistisch usw.) ausschmückt. Von Bild zu Bild ist das Gedicht vollständig transkribiert, aber aufgrund der ständigen Eingriffe des Dolmetschers sowie der tausend wunderbaren Details, die der Illustrator hier und da hinzugefügt hat, glaubte ich lange, dieses Gedicht sei übermäßig lang. In Wirklichkeit ist es sehr kurz.
Unbeabsichtigtes Genie„Die Knoten platzten./Die Rosen flogen davon./Im Wind gingen sie alle zum Meer./Sie folgten dem Wasser, um nie wieder zurückzukehren.“
Gotlib lässt mich nicht mehr los: „Vielleicht verwechselt sie eine Rose mit einem Bumerang.“ Obwohl der Karikaturist den Barden als unhöflichen Trottel darstellt, bleibe ich auf der Seite der Lacher. In einem beunruhigenden Mangel an Schwesternschaft.
Das Gegenmittel: Vertrauen Sie auf ein anderes Genie. Nämlich Stefan Zweig, der eine Biografie über Marceline Desbordes-Valmore schrieb. Sein Text ist äußerst bewegend: Das schwierige Leben der Schriftstellerin ist herzzerreißend. Die Lyrik des Werks entspricht der Eindringlichkeit ihres Lebens.
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Le Monde